“Hoi, heute mal radelnder statt rasender Reporter”, scherzt Gästeführer Wolfgang Ebert in der Wurzener Wenceslaigasse. “Es gehe nach Grimma”, rufe ich ihm zu,
über den Muldentalbahn-Radweg. So, so. Er winkt mich ran, so viel Zeit müsse sein, zeigt mir auf der Postmeilensäule den güldenen Vermerk: Grimma 3 St. 7/8. Keine Zeitstunden, sagt er: „Eine sächsische Stunde sind 4,531 Kilometer – da können Sie sich’s ausrechnen.“
Ich folge den Schildern „Dehnitz“ und „Wachtelberg“. Auf der Straße, etwa so glatt wie die Mondoberfläche, holpere ich an Villen vorbei Richtung Landgasthof. Am Gasthof geht es rechts runter, vorbei am Kriegerdenkmal und dann Richtung Ortsausgang. Der Blick ist fantastisch: Sanfte Hügel, saftige Wiesen, grasende Schafe. Dazu die Mulde und die Grundmauern der wüsten Kirche.
Die Landschaft ist offen, es gibt kaum Bäume, der Blick kann wandern. Aber Vorsicht! Ab und zu stehen Poller in der Mitte des Weges. Es soll schon etliche Zusammenstöße gegeben haben. Der Weg verläuft kerzengerade. Der Asphalt ist derart eben, dass ich dahingleite wie in einem ICE.
Der Radweg ist die Leib- und Magenroute von Jochen Rockstroh. Der Nerchauer Brauherr und Trebsener Schlossherr war früher Kanurennsportler, hält sich heutzutage mit Ausdauerlauf fit. Elf Sorten Biobier produziert er in seiner Brauerei, sechs davon hat er im Schloss auf Lager. Ob auf Freisitz, Terrasse oder im Hof – Radler gehörten bei ihm zum Stammpublikum.